At the Printing Table

Text: Kathrin Heinrich
Foto: Cati Donner
Video: Felix Stekl, Bernadette Meisel

Das Bild gleicht einer rauschartigen Sommerfantasie: Figuren, die sich faul am Strand unter Sonnenschirmen räklen, in leuchtenden Juweltönen von Poolblau, Azur, Limettengrün hin zu Pink und Magenta. So muss es sein, in der Mittagshitze an einem Strand die Augen zusammenzukneifen, sodass alle Konturen im hellen Licht verschwimmen. Alle Sonnenbadenden wenden sich dem Meer zu, von dem eine ungeheure Energie auszugehen scheint.

Es ist diese geradezu ursprüngliche Verbindung zum Wasser, zur Natur, die Hyunsun Yoo in ihrer jüngsten Serie von Drucken, die während ihrer einjährigen Residency bei Viadukt entstanden sind, einfängt.

Die Beziehung zwischen Mensch und Natur steht im Mittelpunkt des Schaffens der südkoreanischen Künstlerin, die 2021 ihren Abschluss in der Malereiklasse von Henning Bohl an der Universität für angewandte Kunst Wien machte und seither eine künstlerische Praxis der Malerei, Zeichnung und des Siebdrucks auf Leinwand etabliert hat. Die Arbeit auf Papier während ihrer Residency stellte für sie eine neue Herausforderung dar, erzählt sie im Gespräch, da sich der Umgang mit Papier stark von ihrem üblichen Material, der Leinwand, unterscheidet. Doch der Schaffensprozess von Editionen auf Papier lohne sich, betont sie, auch wenn es schwieriger sei, eine plötzliche Inspiration in ein vollendetes Werk zu übersetzen.

Eine Strategie, die Hyunsun daher entwickelte, bestand darin, das belichtete Sieb vor dem Druck mit dem Hochdruckreiniger teilweise zu ‚zerstören‘ und so die Umrisse der Motive in einer Art malerischer Geste zu verwischen. Der daraus resultierende Effekt ist besonders bei den Stranddrucken eindrucksvoll, bei denen sie die Motive zudem übereinanderschichtet, um sogenannte „Überlappungen“ zu kreieren. Obwohl sie sehr strukturiert und mit geregelten Arbeitszeiten vorgehe, plane sie nicht gerne zu viel im Voraus, erzählt sie, und experimentiere stattdessen gerne so viel wie möglich im Siebdruckverfahren. Dabei greife sie in ihren Gemälden und Drucken auf ein bestehendes Archiv von Fotos und Motiven zurück, die sie jedoch nur als Inspiration verwende – als Referenz, nicht als Repräsentation.

Gartenarbeit und Ernte sind wiederkehrende Themen in Hyunsuns Arbeiten; dabei richtet sie ihren ihren Blick sowohl auf die österreichische Landschaft im Großen als auch auf ihr privates Hobby, das Gärtnern im Kleinen. Reihen von leuchtend orangefarbenen Punkten etwa erinnern an abstrakte Mustern, sind aber ihre Interpretation der großen Felder von Kürbissen, welche schließlich zerschlagen werden, um ihre Kerne zu ernten, und die für Hyunsun zum Symbol der österreichischen Landwirtschaft geworden sind. Wenn sie dagegen den Fokus auf ihre eigene Ernte legt, spielt sie geschickt mit Proportionen und überdimensioniert nicht nur Karotten und Radieschen, sondern auch ihren gärtnerischen Erzfeind – ein winziger Hamster, der aus jedem Gemüse einen kleinen Biss nimmt.

Auch Szenen vom Schwimmen und Sonnenbaden in Wiener Freibädern sind von kräftigen Farben gesättigt. Sie möge die Energie der Farben, so Hyunsun Yoo, und ließe sich von der Natur inspirieren, wo immer sie könne, weshalb sie vor allem gegensätzliche Farben und starke Komplementärkontraste verwende. Bei einem Druck von Enten auf einem Teich – vielleicht ein Blick in einen innerstädtischen Park– verdünnte sie die hellen Blau- und Grüntöne, um durchscheinende Schichten zu erzeugen. Deren Verschmelzen verkörpert für sie das Verhältnis von Mensch und Tier, von Mensch und Natur. Diese zarten Farbschichten weisen demnach auf die vielfältigen zerbrechlichen Schichten unseres Ökosystems hin – sowohl auf philosophische als auch auf pragmatische, umweltbewusste Weise.