Object, transferred

Von einem Medium ins andere schwappen
Text: Kathrin Heinrich
Video: Felix Stekl, Bernadette Meisel
Fotos: Cati Donner

Aus einem bestimmten Blickwinkel sieht man zunächst einmal gar nichts: da erscheint Miriam Lausseggers Druck aus der Serie Object, transferred wie ein leeres weißes Blatt. Erst ein Schritt näher, oder zur Seite, rückt den Druck buchstäblich in ein anderes Licht und lässt zart glänzende weiße Formen erscheinen. Die monochrome Serie von Drucken, die der Ausstellung im Rahmen von At the Printing Table ihren Namen gibt, spitzt in Weiß und Schwarz Lausseggers Arbeitsweise zu und illustriert ihre geradezu fieberhafte Suche nach und Auseinandersetzung mit dem richtigen Material.

Dass der Prozess im Zentrum ihrer künstlerischen Praxis steht, betont Miriam Laussegger ebenso, wie dass sie sich gerne in die Arbeit mit einer Technik vertieft. Im Fall von Object, transferred konzentrierte sie sich im Rahmen ihrer einjährigen Residency in der Siebdruckwerkstatt Viadukt auf die Verfeinerung der motivisch und farblich reduzierten Drucke, auf die Auswahl der richtigen Farbschattierung und Haptik der Druckfarbe. Das Ton-in-Ton-Arbeiten knüpfte dabei an frühere Arbeiten an, etwa an die Serie Ice (2009), die dem schwer greifbaren, kontrastarmen Motiv der vereisten Wasseroberfläche nachspürte.

Weniger das Konzept ist Ausgangspunkt ihres künstlerischen Prozesses, denn die Faszination mit dem Material, mit dem sie arbeitet. Als ‚Materialfreak‘ bezeichnet sich Laussegger selbst und erzählt von der im eigenen Atelier angelegten Materialsammlung: Baustoffe wie Rohre, Metallbänder oder Betonsteine treffen auf Kunstrasen und Papprollen. Ausgehend von solchen Materialien entwickelt sie Arbeiten ortsspezifisch für Ausstellungen und bedient sich dabei vom Druck über Fotografie, Text und raumgreifende Installation bis hin zum Möbelschweißen einer Vielzahl künstlerischer Ausdrucksformen.

Einzelne Motive greift sie dabei durchaus immer wieder in verschiedenen Werken auf – als ein ‚von einem Medium ins andere Schwappen‘ bezeichnet Laussegger ihr Vorgehen. In Object, transferred vollzieht sich das gleich zweimal: mit der titelgebenden Druckserie, deren abstrakt wirkende Bogenformen auf der Installation Not specified object (2022) beruhen, die sie mit Sascha Alexandra Zaitseva in Anlehnung an ein minoisches Objekt im Athener Nationalmuseum schuf. Filigrane Aluflachbänder aus der eigenen Materialsammlung stehen in den Keramikgefäßen und schlagen scheinbar federleicht Bögen durch den Ausstellungsraum.

Einen weiteren solchen Objekttransfer vollzieht Laussegger in einer zweiten Werkgruppe. The Passion of Structure(2023) dreht sich um das Motiv der Drahtspule – Fundstücke derselben Athenreise, die bereits zu einer Skulpturengruppe mit Keramikrepliken wurden (The Passion of CMYK, 2022) und in Object, transferred nun sowohl skulptural als auch motivisch im Siebdruck in Erscheinung treten. In der Auseinandersetzung mit dem industriellen Objekt adressiert Laussegger dabei das Verhältnis von Handarbeit und maschineller Fertigung als Thema, wie es auch Siebdruck als Medium der Massenreproduktion impliziert.

Trotz aller formaler Strenge wohnt Lausseggers Drucken stets auch ein spielerisches Moment inne – vom glücklichen Fund des Ausgangsobjekts hin zum Zufall, der im manuellen Druckprozess immer mitschwingt. Wie das metaphorische Schwappen ins andere Medium, ist er unberechenbar, mal nahezu stumm und murmelnd, mal überschäumend voll sprühender Gischt.